Um 800: Erste Erwähnung
Der Freisinger Bischof Atto (783-811) weihte die Eigenkirche
des Grafen Cundhart in "Mosaha", vermutlich eine
Holzkirche. Er war ein besonderer Verehrer des Hl. Martin,
denn unter Kaiser Karl dem Großen war der fränkische
Reichsheilige Martin ein beliebter Schutzpatron geworden,
in München allein für sieben Kirchen.
12./13. Jahrhundert: Älteste Kirche in
München
Die romanische Kirche wurde erbaut, wie sie heute noch
in ihren Grundmauern erhalten ist. Damit ist sie die älteste
noch bestehende Kirche in München.
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Romanische Gliederungselemente
an der Apsis |
1315: Erste Bezeugung als Filialkirche von Feldmoching
Die Moosacher Kirche samt Friedhof war eine Filiale der
Pfarrei Feldmoching. Zu dieser Pfarrei gehörten damals
unter anderen auch Schleißheim und Milbertshofen.
So die Bistumsbeschreibung von Bischof Konrad III.
Um 1500: Vergrößerung in spätgotischem
Stil
Turm und Schiff wurden erhöht, der Chor gewölbt.
Eine Besonderheit hat sich erhalten: dieArchitekturmalerei
in rot und ocker.
1524: Erste Erwähnung des Patroziniums
St. Martin
in der Bistumsmatrikel von Stephan Sunderndorfer
1606: Geburt des Priesterdichters Johann Khuen
Johann Khuen kam 1606 in der Pelkovenstraße zur Welt.
Er hat sich sehr um unsere Alte Martinskirche verdient gemacht
u.a. durch den Anbau der Annakapelle (neben der Kanzel).
Er war mehr Angehöriger des damals sehr beliebten Kultes
der Mutter Mariens, St. Anna, Patronin der Schüler
und Erzieher, als Marienverehrer. Als Jesuitenschüler
war er sehr gebildet und ein ganz wichtiger Vertreter der
damals noch ungewohnten deutschen Lieddichtung im katholischen
Bereich. Von ihm finden sich 2 Lieder im Gotteslob: "Sagt
an, wer ist doch diese" (Nr. 558) und "Himmlische
Frau Königin" (Nr. 855). Als Benefiziant des Alten
Peter ist er auch dort begraben.
1632: Unter den Schweden Pferdestall
Im 30-jährigen Krieg blieb die Kirche nach der Brandschatzung
des gesamten Dorfes als einziger Steinbau erhalten. Sie
wurde von den Schweden geplündert und als Pferdestall
benutzt. Ein Großteil der Einwohner wurde ermordet.
1656: Die St. Anna-Kapelle
Der Moosacher Dichterkomponist und hohe Geistliche Johannes
Khuen (1606-1675) stiftete den Anbau der Annakapelle an
das Langhaus. Ein Münchner Bildhauer (Tobias Bader?)
schnitzte die Hl. Mutter Anna, die ihre Tochter Maria im
Lesen unterweist.
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Hl. Mutter Anna |
1686: Standesgemäße Erweiterung der
Kirche
Seit 1616 gab es in Moosach einen Edelsitz. Dieser wurde
70 Jahre später zur Hofmark erhoben. Wegen dieser Aufwertung
wurde nicht nur das Pelkovenschlössl (das heutige Moosacher
Bürgerhaus) errichtet, sondern auch die Kirche umgestaltet.
1695: Eigener Priester für die Wochentage
Einer der ersten Hofmarksherren, Veit Adam von Pelkoven,
war ein führender Kirchenmann, nämlich Domkapitular
in Freising. Er stiftete aus Prestigegründen und zu
seinem Seelenheil ein "Benefizium zur Schmerzhaften
Muttergottes". Damit hatte Moosach einen eigenen Priester.
Er musste vier Mal unter der Woche eine Messe feiern und
wohnte im eigens erbauten Benefiziatenhaus mit Gemüsegarten.
Ab 1758: Barockisierung
Die Hofmarksherrin Maria Ignatia Gräfin von Hörwarth
(1717-1778) ließ die vernachlässigte und baufällige
Kirche reparieren. Sie und die reiche Bäuerin Maria
Rieger stifteten das Deckenfresko "Die Glorie des Hl.
Martinus" (als Bischof mit Gans) und ließen sich
darauf abbilden. Es war die Erstlingsarbeit des Zimmermann-Schülers
Johann Martin Heigl. Die künstlerische Gestaltung der
Kirchenausstattung 1758/59 und 1762-65 nach der neuesten
Mode des Rokoko von dem Tölzer Künstler Joseph
Anton Fröhlich, der den Hochaltar gestaltete, zeigen
den maßgeblichen Einfluss der Hofmarksherrin. Aus
dieser Zeit stammt auch das Hohenberg-Gumppenbergsche Allianz-Wappen
über dem Chorbogen
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Frauenpower:
Maria Ignatia Hörwarth Gräfin
von Hohenburg (links) und die Moosacher Bäuerin Maria
Rieger (rechts) |
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Ab 1800: Niedergang der Filialpfarrei:
Nach langwierigen juristischen Auseinandersetzungen wurde
die Hofmark Moosach eingezogen und dem Landgericht Dachau
unterstellt. In Folge der Säkularisation wurde das
Benefizium ohne kirchliche Genehmigung der Pfarrei Feldmoching
einverleibt. Die Moosacher hatten damit keinen Werktagsgottesdienst
mehr und mussten Sonn- und Feiertags wie bisher von der
fünf Kilometer entfernten Pfarrei Feldmoching versorgt
werden, was die Forderung nach einer eigenen Pfarrei nährte.
1905: Moosach erhält wieder einen eigenen
Benefiziaten
als ersten Schritt in diese Richtung. Als Wohnung musste
das schon baufällige Armenhaus herhalten.
Die Moosacher waren die ständigen Reparaturen der zu
klein werdenden Kirche leid und wünschten sich eine
größere Kirche. 1892 hatten sie einen eigenen
Bahnhof erhalten, der mehrere große Industriebetriebe
anzog. Durch den rasanten Zuzug von Industriearbeitern entwickelte
sich Moosach vom Bauern- und Gärtnerdorf zum Industriestandort.
1909: Erhebung zur Pfarrei mit erstem Pfarrer
Lorenz Obermair
Für das Projekt Neue Kirche' wurde gleich ein
Kirchenbauverein gegründet und ein Grundstück
gekauft.
1913: Eingemeindung Moosachs nach München
Über Nacht wurden 3800 Moosacher zu Münchnern,
das hatten sie sich schon lange gewünscht.
1921-65: Zweiter Pfarrer Josef Knogler
1921-24: Bau der neuen Kirche [Kunstgeschichte]
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Neue Kirche um 1926 |
1918 war ein Architekten-Wettbewerb ausgeschrieben worden
für eine 500-Plätze-Kirche mit "einfachem
sowie monumentalem Charakter", den Hermann Leitensdorfer
mit seinem neoromanischen Entwurf gewann. Erst drei Jahre
später wurde mit dem Vorhaben begonnen: Der neue Pfarrer
Josef Knogler brachte den abgespeckten Neubau 1921-24 -
während der galoppierenden Inflation - mit außerordentlichem
persönlichem Einsatz zu Ende. Die Moosacher Gemeinde
arbeitete ihm mit Materialspenden und kostenlosen Arbeitseinsätzen
zu. Am 16.11.1924 weihte Kardinal Michael Faulhaber die
Kirche ein.
1925-1942: Vervollständigung der Innenausstattung
Nach und nach vervollständigte sich die Kirche: Tabernakel
von Riepl und Georgii, Kreuzweg-Fresken von Felix Baumbauer,
Heizung, Orgel usw. Das Hauptportal erhielt ein Martinsrelief
und der Turm eine Uhr.
Nach der Inflation in den 20er Jahren begann Moosachs Einwohnerzahl
stürmisch zu wachsen. Die "Kolonien" genannten
Neuansiedlungen in der Fasanerie, im Eggarten, in der Borstei
und in Hartmannshofen expandierten.
Nach 1945: Anwachsen Moosachs und Spaltung in
Einzelpfarreien
Im 2. Weltkrieg hatte die Kirche nur leichte Bombenschäden
erhalten aber ihre Glocken abliefern müssen, die erst
1950/56 ersetzt werden konnten. In den fünfziger Jahren
explodierte die Einwohnerzahl erneut. Dadurch wurde die
Pfarrei St. Martin immer mehr überfordert.
Nach und nach entstanden eigene Pfarreien:
1945 St. Raphael in Hartmannshofen, 1958 St. Laurentius
in Gern, 1963 Maria Trost in Untermenzing, 1968 St. Mauritius im südlichen Moosach und 1973 Frieden Christi im Olympischen
Dorf.
1965-90: Dritter Pfarrer Franz Ludwig
Gahr
1967-75: Vereinfachung des Innenraums und
neues Pfarrzentrum
Gemäß dem II. Vatikanischen Konzil wurde die
Liturgie reformiert. Deshalb wurde das Kircheninnere auf
weitere Einfachheit und Funktionalität hin umgestaltet:
Der Altarraum erhielt einen Volksaltar und die Ausmalung
der Apsis sowie die Apostelfresken wurden übertüncht.
Am Chemnitzer Platz - gegenüber der Kirche - wurden
ein Kindergarten für 100 Kinder, ein Pfarrheim und
ein Personalwohnhaus errichtet.
1979-86: Gesamtrestaurierung der Alten St. Martinskirche
Nach dem Bau der neuen St.-Martinskirche verlor die alte
Kirche ihre Bedeutung und wurde schließlich der griechisch-orthodoxen
Gemeinde überlassen. Danach war eine Sanierung unumgänglich.
Der Architekt Franz Leitl restaurierte außen und innen:
Die dabei entdeckten spätgotischen und romanischen
Bemalungsreste des Außenbaus wurden gesichert und
ergänzt. Die Rokoko-Raumfassung wurde renoviert.
1990-2003: Vierter Pfarrer Hans Lindenberger
1992-99: Renovierung der Pfarrkirche sowie
zeitgemäße Ausstattung [Kunstgeschichte]
Nach gründlichen Untersuchungen wurde der Kirchenraum
im ursprünglichen Zustand wiederhergestellt, die Kreuzwegfresken
restauriert. Diskret wurden Beleuchtung, Akustik, Elektrik
und Heizung eingebaut. Der neue Altar und die anderen Gegenstände
aus Metall sowie den Ambo und die weiteren Objekte aus Holz
schuf Gerhard Bott. Godi Hirschi schuf die Stele im Chor
und die Farbgebung der drei Konchen. Die kurz zuvor im Kunsthandel
erworbene spätgotische Marienfigur wurde in die Neugestaltung
integriert. Renovierungen am Pfarrzentrum folgten. Die Feiern
zum 70-jährigen Kirchenjubiläum und die Altarweihe
schlossen die Arbeiten ab.
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Aufstellung der
Stele |
1993-2000: Erneuerungen an der Alten St. Martinskirche
Zwei neue Glocken der Gießerei Perner, Passau, wurden
feierlich eingeweiht. Die eine trägt das Motto der
Pfarrei: "Lasst uns nicht nur den Mantel, sondern das
Leben teilen." Nach einem Brand wurde das Innere nochmals
renoviert: Die Außenmauern wurden endlich wirksam
entfeuchtet, die Elektroinstallationen unsichtbar erneuert;
die Altäre, Figuren, Bänke und Gitter neugefasst.
Josef Maier aus Hergensweiler am Bodensee baute eine neue
Orgel.
Auf dem Dach des Pfarrzentrums entstand eine 5 KW Photovoltaikanlage.
2003/4: Generalsanierung des Kindergartens
mit neuem Allzweckraum
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Übergabe der
Kirchenschlüssel an Martin Cambensy |
2003: Fünfter Pfarrer Martin Cambensy
2004: St. Martin ist die größte
Stadtpfarrei in München
mit über 12.000 Gemeindemitgliedern.
Literatur: Volker D. Laturell: Moosach, München 2001.
Dr. Lothar Altmann: Alte St. Martinskirche München-Moosach,
Verlag Lindenberg 2001. (Liegt in der Pfarrkirche auf.)
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